05 1.3. bis 7.3. - Bajo Caracoles bis Puerto Rio Tranquilo
Willkommen zurück in Patagonien, wo unsere wilde Fahrt weitergeht.
Zuvor eine Bemerkung zu den Fotos, die auch für die älteren Posts gilt:
Wenn man die Fotos nur innerhalb der Posts betrachtet, wirken sie nicht besonders eindrucksvoll. Das ändert sich, wenn man z.B. auf das erste Bild doppelklickt und dann mit den Pfeiltasten durch die Serie geht. Smartphones sind selbstverständlich nicht so gut geeignet wie Tablets oder PC-Monitore.
Unsere erste Tagesetappe verläuft ganz durch Argentinien; auf der chilenischen Seite gibt es hier keine Straßen. Soweit das Auge blickt: argentinische Pampa, gelegentlich ein See.
Mit Bajo Caracoles erreichen wir unsere erste Übernachtungsstation. Zwei Möglichkeiten stehen zur Auswahl: ein Hotel und das Hostel Ruta 40, in dem wir dann auch absteigen.
An dieser Stelle möchte ich einen kleinen Exkurs zu den Betten bzw. Bettbezügen machen, wie wir sie fast überall auf unserer Reise vorfinden. Das Konzept eines geschlossenen Bett(decken)bezugs erfreut sich hier keiner großen Verbreitung. Stattdessen liegt man unter einem Bettlaken, über dem mehr oder weniger viele Wolldecken geschichtet werden. Meistens kratzig und etwas müffelnd. Dieses Ensemble wird dann an den Seiten und unten fest unter die Matratze geklemmt, so dass theoretisch alles gut zusammenhält. Damit das während der Nacht so bleibt, hat man zwei Optionen.
Option 1: Man schiebt sich flach wie eine Flunder unter das Konstrukt. Dann kann man aber natürlich die Beine und Füße nicht rausstrecken. Das ist meine Sache nicht. Zum einen, weil ich mich leider nicht mehr so flach machen kann, zum anderen, weil mir dann zu warm wird.
Option 2: Man zieht den Deckenhaufen zumindest an den Seiten unter der Matratze hervor. Dann sollte man aber bis zum Morgen möglichst regungslos liegen und alo auch nicht aufs Klo müssen. Auch sehr schwierig für mich. Die Folge also: Jede Nacht erwache ich unter einem Haufen wild ineinander verschlungener Decken und Laken, der sich jeder Bemühung um Neuordnung entzieht.
Mein fester Vorsatz für die nächste Reise - und mein Tipp an euch: Immer einen oder mehrere Bettbezüge von zu Hause mitnehmen. Das steigert den Schlafkomfort ganz ungemein.
Bajo Caracoles ist durchaus ein bemerkenswerter Ort. Es gibt nicht nur eine Tankstelle - die einzige weit und breit - sondern auch eine Polizeiwache, einen Sanitätsposten und sogar einen Friedensrichter. Wozu auch immer.
Zapfsäulen werden von Durchreisenden offenbar gerne mit Aufklebern verschönert. Dieses Phänomen sieht man auch auf Hinweisschildern zu Naturparks und anderen Sehenswürdigkeiten.
Wir nähern uns der chilenischen Grenze, und allmählich kommen in der Pampa ein paar auffallende Farbtupfer hinzu. Grund genug für die Argentinier, hier einen Nationalpark Patagonien zu deklarieren.
Naja....Haut uns nicht vom Hocker.
Schließlich erreichen wir den Grenzübergang zwischen Los Antiguos und Chile Chico. Das ist unser letzter Grenzübertritt, worüber wir froh sind, denn es ist jedes Mal eine nervige Prozedur. Vor allem die Einreise nach Chile ist aufwendig, denn die Einfuhr von Obst, Gemüse, Milch und vielen anderen Lebensmitteln ist streng verboten. Oft wird der Wagen durchsucht und das ganze Gepäck durchleuchtet. Das kenne ich bisher nur aus Neuseeland, wo es ja auch einen gewissen Sinn ergibt als Schutz vor der Einfuhr invasiver Arten. Aber an der Grenze zu Argentinien???
In Chile Chico müssen wir uns deshalb neu verpflegen. Das passt ganz gut, denn die Qualität der Lebensmittel ist in Chile besser als in Argentinien, und die Bierpreise sind deutlich niedriger. 😊
Wir sind nun im Herzen von Patagonien angekommen, und die Route von Chile Chico bis Puerto Rio Tranquilo gehört zu den schönsten, die man hier fahren kann. Die Straßen sind in der Regel nicht asphaltiert, und wenn man sich ihren Verlauf entlang der Berghänge anschaut, glaubt man bisweilen nicht, dass man sie wirklich fahren kann oder gar möchte. Wenn man dann näher kommt, sieht es aber machbar aus und ist es auch. Ein zuverlässiges Auto mit Allradantrieb sei hier aber noch einmal ausdrücklich empfohlen.Der graue Himmel ohne Sonnenlicht lässt leider keine Farbenpracht zu, verhindert aber nicht, dass die Landschaft einen starken Eindruck ausübt.
Kurz vor dem kleinen Ort Mallin Grande, am Ufer des Lago General Grande - der auf argentinischer Seite Lago Buenos Aires heißt - finden wir ein extrem schöne Unterkunft auf einem großen Privatgelände. Bei der Online-Buchung wird uns mitgeteilt, dass die Zufahrt Allradantrieb erfordert. Das stellt sich als zutreffend heraus.
Wir mieten eine kleine, aber feine Holzhütte mit Ofenheizung, gelegen an einer 'eigenen' Lagune. Der Ausblick ist phänomenal. Auch wenn man es wegen des bewölkten Himmels nicht gut sieht: wir sind jetzt am Rande der Anden, die mit ihren hier bis zu 4000 Meter hohen Bergen die Stimmung prägen.
Man kann stundenlang auf das sich je nach Wetterlage ständig ändernde Panorama schauen und dabei total abschalten.
Das riesige Privatgrundstück (etwa 12 Quadratkilometer) bietet sogar Wandermöglichkeiten, die allerdings recht abenteuerlich sind. Die Pfade sind zum Teil schwer erkennbar, und eine spezielle invasive Pflanze - eine Art Hagebuttenbusch - verhindert oft das Weiterkommen. Deren spitze Dornen ähneln in ihrer Wirkung auf Kleidung und Haut dem gefürchteten Nato-Stacheldraht.
Nach drei sehr erholsamen Tagen verlassen wir den Ort und fahren weiter nach Puerto Rio Tranquilo.
Unterwegs haben wir mehrfach Gelegenheit, die sehr spezielle chilenische Tradition der Friedhofsgestaltung zu bestaunen.
Und selbst auf diesen Wegen, mit schlechtem Untergrund und weitab jeder menschlichen Behausung trifft man immer wieder auf vollbepackte Radler. Manchmal sogar Familien mit Kindern.
Schließlich kommen wir in Puerto Rio Tranquilo an, einem Ort, der stark vom Tourismus geprägt ist. Aber wir sind jetzt schon in der relativ ruhigen Nachsaison.
Die unbestreitbare Hauptattraktion sind die weltberühmten Marmorhöhlen und -kathedralen, die man nur auf dem Wasserweg besichtigen kann. Der ganze Ort scheint von dieser Attraktion zu leben.
Hier werden Bootstouren dorthin angeboten. Ein Anbieter neben dem anderen.
Aber die vollgepackt mit Touristen fahrenden Motorboote reizen uns nicht. Außerdem ist das Wetter relativ schlecht. Ohne Sonnenlicht entfalten die Marmorhöhlen keine besondere Wirkung.
Wer mag, kann sie sich hier ansehen:
https://www.tripadvisor.de/Attraction_Review-g1409472-d3819716-Reviews-Capillas_de_Marmol-Puerto_Rio_Tranquilo_Aisen_Region.html
Wir machen stattdessen einen Abstecher in die Ruta Exploradores, wie die Straße mit der Bezeichnung X-728 auch genannt wird. Sie führt von Puerto Rio Tranquile knapp 80 Kilometer nach Westen zur Lagune San Rafael mit dem gleichnamigen Gletscher. Man kann von dort eine mehrstündige Bootsfahrt zr Gletscherzunge machen. Doch das ist uns zu aufwendig, zu teuer und das Wetter zu schlecht. Unser Gletschererlebnis am Perito Moreno scheint uns ohnehin dadurch nicht zu toppen.
Immerhin gibt es auf der Route Zugang zu einem Naturpark. Dort finden wir eine kurzen Wanderweg, von dem aus man am Ende dicht an zwei Gletscherzungen herankommt.
Fazit
Dieser Reiseabschnitt hat tiefen Eindruck bei uns hinterlassen. Die Landschaft ist vor allem auch durch die Allgegenwart der mächtigen und imposanten Anden geprägt. Einzelne Aspekte wie Küstenlinien, Gesteinsformationen, Seen, Vegetation erinnern zwar an andere Gegenden der Welt, die wir kennen. Aber die Mischung und das Zusammenspiel mit dem sich häufig und schnell ändernden Wetter machen das ganze Ensemble doch einzigartig und üben eine große Faszination aus.
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Eine Bemerkung zum Schluss: Wir freuen uns sehr über eure Kommentare, Grüße und Wünsche, auch wenn wir sie nicht persönlich beantworten. Das hat einfach Zeitgründe. Aufmerksam lesen und wertschätzen tun wir sie auf jeden Fall.
Bleibt munter und gesund - wir versuchen es auch!
Ehrlich gesagt, habe ich schon richtig auf die Fortsetzung des Reiseberichts gewartet. Super fand ich die " Bettlakenepisode", gibt es ja in so vielen Ländern und das Kuddelmuddel ist so vertraut. Schade, dass ihr doch ein wenig Pech mit dem Wetter habt. U d mir scheint, dass ihr viele Stunde im Auto 🚗 verbringt. Ichfinde, man bekommt einen guten Eindruck von eurer Fahrt, auch den Extremen, die ihr erlebt.da Wir ja auch überlegen einmal dorthin zu fliegen, ist es doppelt interessant. Danke.
AntwortenLöschenWir waren gerade eine Woche Skilaufen, sind jetzt im langsam frühlingshaften Hamburg, bevor wir am 2.04. Gen La Palma fliegen.
Das Leben ist bunt und abwechslungsreich, nur die politische Situation macht mich oft sprach- und hilflos. Vielleicht geht es den Demokratischen Teil der Amis genauso, denn dort regt sich ja gar kein Protest. Genug, bevor es zu ernst wird.
Herzliche Grüße an euch beide
Martin