06 7.3. - 14.3. Puerto Rio Tranquilo bis Puerto Montt

 

Dieser Reiseabschnitt führt uns von Puerto Rio Tranquilo mit Zwischenstationen in Coyhaique, Puerto Puyuhuapi, Chaitén und Hornopirén bis nach Puerto Montt.


 Das Wetter bietet während dieser Woche keinen Grund zur Klage. Wir haben - gerade am Anfang - wieder mal Sonne, es regnet kaum und wird sogar fast so warm wie derzeit in Norddeutschland. 😂

 

Die Panoramen entlang der Route sind nicht ganz so spektakulär wie in der Vorwoche. Vermutlich setzt bei den optischen Reizen schon ein Sättigungseffekt ein. Richtig schöne 'Miradores', an denen wir staunend verweilen, gibt es aber immer wieder.



Blick über den Rio Ibánez auf das Castillo-Massiv

Einige Kilometer südlich von Villa Cerro Castillo besichtigen wir das Naturdenkmal Manos de Cerro Castillo (Hände von Cerro Castillo).

Am Fuße einer mächtigen Felswand sind überraschend gut erhaltene Felszeichnungen (Handabdrücke) von Ureinwohnern zu besichtigen. Sie sind bis zu 3000 Jahre alt.

Infotafel

Ein Abdruck in Negativ-Technik: die aufgelegte Hand wurde mit Farbe übermalt

Hier in Positiv-Technik: die Hände wurden innen mit Farbe bemalt


Das zugehörige Museum befindet sich in einem imposanten ehemaligen Schulgebäude


Nach dieser lohnenden Besichtigung genießen wir die Fahrt bis Coyhaique.




In Coyhaique folgen wir einer Restaurantempfehlung des Globetrotters und Fotografen Boris 'Bobu' Buschardt. Seinen interessanten Blog wild-places.com habe ich bereits erwähnt.

Und so landen wir im CB Gastronomía Patagonia.

Eine gemütliche Café-Ecke



Nicht nur die Einrichtung und die Atmosphäre gefallen uns gut. Auch das Essen hat eine sensationelle Qualität, wie wir sie bisher noch nirgends auf unserer Reise vorgefunden haben.
Und die Preise? - Ganz normal bzw. sogar relativ günstig für chilenische Verhältnisse. Ich meine, es waren 70.000 Pesos, also etwa 70 Euro für Salat, Hauptgang und Dessert inkl. Gertränken und Trinkgeld.
Das CB Gastronomía Patagonia bekommt also auch von uns einen dicken Daumen nach oben!

Zwei Tage später sind wir wieder auf der Carretera Austral, wie die Ruta 7 auch genannt wird. Sie ist DIE Verkehrs-Längsachse in Chile zwischen Villa O'Higgins im Süden und Puerto Montt im Norden. Und sie ist Bestandteil der legendären Panamericana.

Besondere Straßenschilder werden immer gerne mit Aufklebern verziert.

An dieser Stelle passt ein kleiner Exkurs zu den Verkehrsverhältnissen und Fahrgewohnheiten, auf die man in Chile und Argentinien trifft. Ich muss zugeben, dass ich vorab albanische oder zumindest italienische Verhaltensweisen erwartet habe. Ein Vorurteil nach dem Motto: 'Wer ausdrucksfreudige und lebhafte Tänze liebt wie die Menschen in Südamerika, wird sich auf der Straße kaum mit Zurückhaltung und Tempo 30 zufrieden geben.'

Nun, das mit Tempo 30 stimmt tatsächlich. Wo 20 km/h erlaubt sind, wird gerne 60 gefahren. Das liegt aber an der oft sinnfreien Beschilderung. Da steht noch 20, wenn die Baustelle längst verschwunden ist. An die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h halten sich aber so gut wie alle, obwohl es überhaupt keine Kontrollen gibt. Am auffälligsten jedoch ist die große Rücksichtnahme und allgemeine 'Friedfertigkeit' im Straßenverkehr. Ok, in Großstädten wie Santiago oder auch Puerto Montt, geht es gelegentlich auch anders zur Sache. Aber das ändert nichts am Gesamteindruck. Die Einheimischen fahren sehr (manchmal aufreizend 😂) entspannt, und das gefällt uns natürlich.

Unser nächstes Ziel ist das kleine 'Pionierdorf' Puerto Puyuhuapi am nördlichen Ende des Ventisquero-Fjords. Die Siedlung wurde Mitte der 1930er Jahre von einigen Deutschen gegründet. Auch heute leben hier noch viele Menschen mit deutschen Ahnen aus dieser Zeit. 



Eine der Straßen, die den Namen deutscher Einwanderer tragen

Ahnt man, welche Art von Handwerkskunst die deutschen Einwanderer damals u.a. mitgebracht und etabliert haben?

Es war die Braukunst, natürlich.

Unser Hauptinteresse an der Gegend ist aber auf den Parque Nacional Queulat gerichtet, einen der schönsten Nationalparks Chiles.

Tja, und da haben wir leider extrem großes Pech.
Der PN Queulat ist nur zu einem sehr kleinen Teil erschlossen, also begehbar. Man kann nicht einfach irgendwo Station machen und den Park betreten. Das gilt übrigens für fast alle Naturparks in Südchile. Das war uns vorher gar nicht klar. Mangelnde Vorbereitung, kann ich da nur sagen.

In diesem Fall ist das besonders ärgerlich, weil Queulat just wenige Tage vor unserer Ankunft wegen Reparaturarbeiten gesperrt worden ist, und zwar bis Ende August. Es ist übrigens nicht ganz leicht, auf solche Informationen zu stoßen und sie auch zu überprüfen. Vor Ort hört und liest man oft widersprüchliche Aussagen.

Also fahren wir weiter in Richtung Chaitén (E).


 
Eine besonders lange und eindrucksvolle Hängebrücke

Wenige Kilometer südlich stoßen wir auf den wundervollen Parque Nacionale Pumalín Douglas Tompkins, dessen prachtvolle Vegetation die Pleite mit Queulat schnell vergessen lässt.

Dieser Park ist in Privatbesitz, aber für die Öffentlichkeit - sogar kostenlos - zugänglich.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pumal%C3%ADn-Park

Man kann auf abenteuerlicher Route in den Park fahren, dort parken (wie passend ;-)) und eine schöne Wanderung machen. Es handelt sich um einen Urwald, wie bei den meisten Naturparks in dieser Gegend.



Scharlach-Fuchsie

Chilenischer Riesenrhabarber

Baumgestalten


Blick auf einen nahen Gletscher

Chusquea Culeou

Taique - Desfontainia spinosa

Noch einmal der Riesenrhabarber

Eine tolle Campingwiese,...

...die viel Platz bietet.

Hier hat sich in die Flora....

....etwas Fauna eingeschlichen.

Es folgen einige Bilder aus dem kleinen Städtchen Chaitén, das nach großer Katastrophe (Vulkanausbruch und Überschwemmung 2008) wieder aufgebaut wurde.
https://www.vulkane.net/vulkane/chaiten/chaiten.html






In nördliche Richtung geht es auf Straßen nicht mehr weiter. Ab Caleta Gonzalo müssen wir mit der so genannten Doppelfähre über einen kleinen und einen großen Fjord schippern.

Tipp: Diese Fähre kann nur durch vorherige Online-Reservierung gebucht werden. Und weil dazu in diesem Fall ein chilenisches Bankkonto erforderlich ist, sollte man das durch eine Agentur (z.B. ChileContact) erledigen lassen. In der Saison außerdem mit ein paar Tagen Vorlauf.






Das Hafenstädtchen Hornopirén liegt malerisch am Fjord...

...und beschäftigt einen Straßenmaler, der schon früh morgens ans Werk geht.

Von Hornopirén nach Puerto Montt sollte man unbedingt die schöne Küstenstraße wählen.



Alle Bäume beugen sich dem beständigen, starken Pazifikwind

Immer wieder sieht man plastikblumenbunte Friedhöfe



Und immer wieder Fischerboote, die bei Ebbe auf dem Trockenen liegen

Die Fähre vor den letzten Kilometern bis Puerto Montt

Dann Puerto Montt, die hässlichste, abstoßendste Stadt, die wir auf unserer Reise gesehen haben!

Abends unternehme ich von unserer Unterkunft (außerhalb des Zentrums) aus einen längeren Erkundungsgang, der mich zunächst ziemlich deprimiert. Viele Anzeichen von Verwahrlosung, Armut, prekärem Leben. Ich mag das auch gar nicht fotografieren; es käme mir in gewisser Weise übergriffig vor. Dieser visuelle und emotionale Schock zieht mich erst einmal ziemlich runter.

Zum Glück kriege ich dann aber doch noch die Kurve. Denn was wäre das für eine Einstellung, auf einer Reise möglichst (nur) schöne Eindrücke zu wollen! Es ist eben, wie es ist. Und wenn man etwas genauer hinschaut, die Menschen hier und ihren meist sehr respekt- und würdevollen Umgang miteinander beobachtet, sieht die Sache schon viel freundlicher aus. 

 





Dem Verkehr, den Licht- und Strommasten gehört die Stadt

Puerto Montt - das Zentrum von oben gesehen


Eine von vielen Wandmalereien, die dem Gedenken an Mitmenschen gewidmet sind.

  

Viele herzliche Grüße an die Leserschaft, vielen Dank für eure Kommentare.

Macht's gut und bleibt gesund. Zwei weitere Posts  werden vermutlich noch folgen, und dann freuen wir uns auch, wieder daheim zu sein.

Micha

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